Klosterfrauen gehen mit der Zeit
Wie Schwester Magdalena kümmern sich die Benediktinerinnen der Abtei Frauenwörth heutzutage um Erwachsenenbildung und Lebenshilfe
Kinder mustern sie manchmal unverhohlen von Kopf bis Fuß, weil sie noch nie eine Nonne in vollem Habit gesehen haben, erzählt Frau Magdalena Schütz. Was im Straßenleben heutzutage selten geworden ist, im Klosterladen auf der Fraueninsel ist es noch Gang und Gäbe, denn das ist Schwester Magdalenas Reich.
Dort betreut sie die Kundschaft, gibt Tipps für Geschenke, leistet Lebenshilfe, plaudert über Gott und die Welt. Das war nicht immer so. 1957, als Schwester Magdalena in die 1200 Jahre alte Benediktinerinnen-Abtei Frauenwörth eintrat, mussten die Frauen noch in strenger Klausur leben. Der Kontakt zur Außenwelt war lediglich über ein engmaschiges Gitter im Sprechzimmer erlaubt. Die Nonnen durften nicht über die Insel spazieren wie in unseren Tagen, sondern lediglich ein paar Runden im Garten drehen. Der Schleier der Tracht war geschlossen, heute kommen die jüngeren Nonnen auch mal in Jeans und T-Shirt daher, wenn sie im Garten arbeiten. Gäste in der Chorkapelle waren früher schlicht undenkbar, Messen wurden ausschließlich auf Lateinisch gelesen, die Liturgie war überfrachtet. Erst das Zweite Vatikanische Konzil (1962 bis 1965), das unter dem Zeichen der Erneuerung stand, brachte einen Wandel hin zu mehr Großzügigkeit und Aufgeschlossenheit. Die Äbtissinnen von Frauenwörth seien sehr aufgeschlossene, offene Frauen gewesen, erinnert sich Magdalena, die den spirituellen Wandel positiv mitvollzogen.
Es war auch höchste Zeit, denn die Klosterfrauen hatten an ihren Schulen 16- bis 19-jährigen Mädchen im Disko-Alter gerecht zu werden. Seit 1838, kurz nach der Neugründung des Klosters durch König Ludwig I., gab es auf der Fraueninsel eine allgemeine und eine berufsbildende Schule mit Internat. Die Schultypen wechselten, je nachdem, was gerade „in“ war. 1983 wurde das Gymnasium und 1995 schließlich die Berufsfachschule mit geschlossen. „Es war kein Bedarf mehr vorhanden“, erzählt Schwester Magdalena, die Lehrerin und Schulleiterin war. Dabei war es die Volksschule, die über den Kontakt mit den Eltern eine enge Verbindung zur Inselbevölkerung schufen. An Weihnachten machte das Kloster noch eine Bescherung für die Kinder! Als Schwester Magdalena 1957 anfing, existierte nur eine einklassige Volksschule der Jahrgangsstufen 1 mit 8. „Die haben alle was gelernt.“ Heute besuchen die Inselkinder die Grundschule in Breitbrunn, die Großen gehen in die Hauptschule nach Prien oder in die weiterführenden Schulen rund um den See. Ans Schifffahren haben sie sich von klein an gewöhnt. Früher verkehrte von Gstadt aus sogar ein eigenes Kindergartenschiff, denn die Nonnen betrieben 30 Jahre einen eigenen Kindergarten, von 1995 bis 2000 einen Kindergarten mit drei Gruppen: „Sonne, Mond und Sterne“. Gottseidank gebe es wieder ein paar kleine Kinder auf der Insel, die aber jetzt hinüber aufs Festland fahren.
Ein Beleg für den Wandel sind auch die Seminare und Veranstaltungen, zu denen die Abtei mit großem Erfolg Leute, die „reif für die Insel“ sind, in die umgebauten ehemaligen Schulräume einlädt. Das Programm reicht von „Tage im Kloster“ mit Schwester Scholastica über „Ayurvedisch Kochen“ und dem Qigong-Basisseminar bis zu effizienter Stress-Reduktion und Tänzen aus Griechenland, um nur eine kleine Auswahl zu nennen. Äbtissin Johanna Mayer bringt Interessierten die Regel des Heiligen Benedikt näher. 80 Veranstaltungen mussten die Schwestern mangels Kapazität absagen, so groß ist der Ansturm. „Manche kommen einfach nur, weil sie auf der Insel übernachten wollen, das Thema ist ihnen egal“, sagt Schwester Magdalena. Kein Wunder, denn das Alte Gästehaus aus dem Jahr 1631 mit seinen zehn altertümlich eingerichteten Zimmern besitzt ein eigenes, unverwechselbares Flair. Dessen Bewohner werden von der Klosterküche bekocht, während die Seminarteilnehmer beim Klosterwirt Michael Leiner essen. Die Wirtschaft gehört dem Kloster, ist aber an das Hofbräuhaus Traunstein verpachtet. Die Klosterkirche und das Kloster befinden sich übrigens, rein juristisch gesehen, im Eigentum des Freistaats Bayern. 120 Gäste kann die Abtei maximal aufnehmen. Die Einzel- und Doppelzimmer haben fast alle Dusche und Toilette. Mit Seeblick liegen die Preise pro Tag zwischen 42 und 52 Euro. Die Seminare bestehen aus Gruppen mit 20 bis 30 Personen. Auch Schwester Magdalena ist mit einem „Stillen Inseltag“ vertreten.
25 Nonnen leben im Kloster, davon, was Schwester Magdalena sehr erfreulich findet, fünf Frauen im Noviziat. Waren die Novizinnen zu ihrer Zeit Anfang bis Mitte 20 Jahre alt, sind sie heute älter, „wie beim Heiraten“. Sie sind 30 bis 40 Jahre alt, besitzen eine Berufsausbildung, haben Karriere gemacht und Erfahrungen mit „männlichen Wesen“ hinter sich. Sie bringen mit einem Wort Lebenserfahrung mit, wenn sie ins Kloster eintreten. Zwei Klosterschwestern begleiten die Novizinnen während der sechsjährigen „Probezeit“ bis zum „Ewigen“ Gelübde. Die Profess des Benediktinerordens kennt noch eine besondere Verpflichtung: Dort zu bleiben, wo man eingetreten ist. „Es ist die Entscheidung für ,lebenslänglich' auf der Insel.“ Schwester Magdalena, die aus dem Egerland stammt und im vergangenen Jahr ihre Goldene Profess feierte, bereut es nicht. „Es bleibt spannend.“
Weitere Informationen: Frauenwörth